Donnerstag, 8. September 2016

Fortsetzung 1 – Der Bibliothekar

... Es drängte mich, schleunigst aufzuräumen, denn es blieb ja kaum Platz für meine eigenen Sachen übrig. Nach und nach bat ich meine Familie, meine Freunde und Bekannten sich für ihre Dinge doch einen anderen Platz zu suchen, wo sie alles unterbringen konnten. Als sich der kleine Schiffsraum fast geleert hatte, entdeckte ich in einem versteckten Winkel eine alte Holzkommode mit mehreren Schubladen.
Ich öffnete die oberste und nahm ein weißes Taufkleid heraus. In dem Moment, als ich es berührte, wusste ich, dass es mein eigenes war. Ich wurde wehmütig und winzige Tränen drängten sich in meine Augen: „Wo ist die Zeit hingekommen seit meinen ersten Tagen hier auf Erden? Hätte ich nicht viel mehr aus meinem bisherigen Leben machen können?“ Meine Hoffnungen, Wünsche und Sehnsüchte der Jugend hatten sich nicht erfüllt. Behutsam legte ich das Kleid an seinen Platz zurück und schloss die Lade wieder.
Ich atmete kurz durch, um mich wieder zu fangen, bevor ich bereit war auch die anderen Laden zu öffnen. Es kam noch ein weißer Blumenkranz mit Krone zum Vorschein sowie ein Paar kleine weiße Schuhe. Dieses Möbelstück, mitsamt seinem Inhalt, sollte auf jeden Fall einen besonderen Platz in meiner Kajüte bekommen. Als ich mit meiner Inspektion fertig war, nahm ich meine Umgebung erst wieder bewusst war.
Unter der Treppe stand ein junges Mädchen, dass den Lenker eines kleinen rosa Fahrrades umklammert hielt. Ihre großen traurigen Augen blickten mich an, so als ob sie fragen wollte, ob auch sie gehen musste. Mit einem stummen Nicken gab ich ihr zu verstehen, dass es nun auch für sie an der Zeit war. Sie holperte und stolperte die Holztreppe hinauf, das kleine rosa Fahrrad im Schlepptau. Wer war dieses Mädchen? Sie dürfte kaum älter als 5-6 Jahre gewesen sein. Bevor ich noch länger darüber nachdenken konnte, nahm ich eine weitere Person war, die bisher unbemerkt geblieben war... Fortsetzung 2 folgt

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